Der hl. Paulus (+67 n. Chr.)

Der Všlkerapostel Paulus hat zwar hšchstwahrscheinlich den historischen Jesus nicht persšnlich gekannt. Sollte es dennoch zu sporadischen Begegnungen der beiden gekommen sein, so blieb dem Saulus-Paulus dabei Jesus sicher fremd, auf keinen Fall hatte er Gelegenheit, die innersten Gesinnungen Jesu, also das, was wir das Herz Jesu nennen kšnnen, kennenzulernen. Und doch mŸssen wir sagen: Vom Apostel Johannes abgesehen, ist wohl kein Apostel in die Geheimnisse des Herzens Jesu so tief eingedrungen wie der hl. Paulus. Das Herz Jesu nimmt nach der Bekehrung vor Damaskus im FŸhlen und Denken des hl. Paulus zweifellos einen hervorragenden Platz ein, wenn wir dabei nicht an das Wort ãHerz JesuÒ denken, sondern an die Liebe Christi, fŸr die das Herz der vielsagende Bildbegriff ist. Und kein Apostel – von Johannes wieder abgesehen – hat wohl die Liebe des Herzens Jesu so stark und treu und opferberiet erwidert wie der hl. Paulus.

Man braucht hier beispielsweise nur an das ergreifende, sehr persšnliche Bekenntnis des Všlkerapostels im Galaterbrief (2,20) denken: ãIch bin mit Christus gekreuzigt worden; nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich fŸr mich hingegeben hat.Ò Das ist doch die Sprache eines Mystikers des am Kreuz durchbohrten, von Liebe glŸhenden Herzens Jesu, auch wenn das Wort ãHerz JesuÒ dabei nicht gebraucht wird.

Bleiben wir aber beim Wort ãHerzÒ. Wir kšnnen diesbezŸglich eine eigenartige Feststellung machen: wŠhrend sich das Wort ãHerzÒ (ãkardiaÒ beim Apostel Johannes, dem LiebesjŸnger des Herrn, der beim Letzten Abendmahl am Herzen Jesu ruhen durfte und den man mit Recht den Apostel des Herzens Jesu genannt hat, nur 14mal findet und kein einziges Mal dabei der Begriff ãHerzÒ in Beziehung zu Jesus Christus gebraucht wird und Ÿberdies kein einziges Mal in dem Sinn verwendet wird, dass damit vor allem die Liebe zu verstehen ist, steht der Begriff ãHerzÒ in den Paulusbriefen 52mal und zwar vielfach als Ausdruck fŸr den Affekt der Liebe, vor allem auch der ganz persšnlichen, sorgenvollen Liebe des Apostels fŸr seine GlŠubigen und seine Gemeinden; und was diesbezŸglich Paulus von sich schreibt, kšnnte man verstŠrkt auf Christus anwenden, denn hinter allen Heilshandlungen Christi, wie sie der hl. Paulus in seinen Briefen schildert, sieht er eigentlich immer die ergreifende, ganz selbstlose Liebe des Herzens Jesu am Werk.

Es klingt doch eigentlich der Trost und Segen der Herz-Jesu-Verehrung an, wenn der hl. Paulus den Christen von Thessalonike schreibt: ãJesus Christus, unser Herr, der uns seine Liebe zugewandt und uns in seiner Gnade ewigen Trost und sichere Hoffnung geschenkt hat, tršste euch und gebe euch Kraft zu jedem guten Werk.Ò (2 Thess 2,16). Die Liebe, die im Herzen Jesu fŸr jeden von uns schlŠgt, ist so, dass nichts uns von ihr trennen kann, au§er wir selbst trennen uns von ihr durch unsere SŸnden: ãIst Gott fŸr uns, wer ist dann gegen uns? Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn fŸr uns alle hingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?... Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? BedrŠngnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder KŠlte, Gefahr oder Schwert?... All das Ÿberwinden wir durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss: weder Tod noch Leben, weder Engel noch MŠchte, weder GegenwŠrtiges noch ZukŸnftiges, weder Gewalten der Hšhe oder der Tiefe noch irgendeine andere Kreatur kšnnen uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus, unserem Herrn ist.Ò (Ršm 8k,31-35)

Die Liebe Christi, wie sie im Herzen Jesu fŸr uns Menschen schlŠgt, in ihrer ganzen IntensitŠt immer besser zu begreifen, ist dem hl. Paulus ein ganz besonderes Anliegen: ãDurch den Glauben wohne Christus in euren Herzen. In der Liebe fest verwurzelt und auf die LŠnge und Breite, die Hšhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu verstehen, die alle Erkenntnis Ÿbersteigt. So werdet ihr mehr und mehr von der ganzen FŸlle Gottes erfŸllt werden.Ò (Eph 3,17-19).

Beachten wir noch jene Stellen in den Paulusbriefen, wo der Apostel die persšnliche Besorgtheit und Liebe schreibt, wovon sein eigenes Herz fŸr seine Gemeinden erfŸllt ist und sehen wir dahinter jene kŸhne, scheinbar sehr selbstbewusste Mahnung fŸr seine GlŠubigen: ãImitatores mei estote, sicut et ego Christi!Ò (ãSeid meine  Nachahmer, wie ich Nachahmer Christi bin!Ò 1 Kor 4,16; die EinheitsŸbersetzung lautet hier: ãHaltet euch an mein Vorbild!Ò)

Im Ršmerbrief (9,2) schreibt der hl. Paulus: ãIch bin voll Trauer, unablŠssig leidet mein Herz.Ò Er hŠtte diese Worte auch Christus in den Mund legen kšnnen. Gleiches gilt von dem, was er in seiner Sorge um die Christen von Korinth an diese im 2. Korintherbrief (2,4) geschrieben hat: ãIch schrieb euch aus gro§er BedrŠngnis und Herzensnot, nicht um euch zu betrŸben, nein, um euch meine Ÿbergro§e Liebe spŸren zu lassen.Ò Und im 2. Korintherbrief (6,11) hei§t es noch: ãUnser Mund hat sich fŸr euch aufgetan, Korinther, unser Herz ist weit geworden.Ò Auf die schšne Stelle im Philipperbrief (1,8) sei zuletzt noch besonders hingewiesen, weil hier der hl. Paulus eigentlich ausdrŸcklich vom Herzen Jesu schreibt, auch wenn er anstelle von ãkardiaÒ = Herz das fŸr ihn typische Wort ãsplagchnaÒ = ãvisceraÒ = ãdas InnereÒ gebraucht, aber in dem Sinn, dass dabei die Liebe, wie sie im Herzen anderen entgegenschlŠgt gemeint ist: ãGott ist mein Zeuge, wie i h mi h nach euch allen sehne im von Liebe erfŸllten Herzen Jesu Chrsiti(ãTestis enim mihi est Deus, quomodo cupiam omnes vos in visceribus Jesu Christi.Ò Die deutsche EinheitsŸbersetzung gibt das allzu frei so wieder: ãGott ist mein Zeuge, wie ich mich nach euch allen sehne mit der herzlichen Liebe, die Christus Jesus zu euch hat.Ò)

Der hl. Paulus fordert von den Christen, dass sie die Liebe im Herzen Jesu auf sich wirken lassen, erwidern und nachahmen durch das rechte Gut-Sein zu den Mitmenschen: ãDie Liebe Christi drŠngt uns, da wir erkannt haben: Einer ist fŸr alle gestorben, also sind alle gestorben. Er ist aber fŸr alle gestorben, damit die Lebenden nicht mehr fŸr sich leben, sondern fŸr den, der fŸr sie starb und auferweckt wurde. Also schŠtzen wir von jetzt an niemand mehr nur nach menschlichen Ma§stŠben ein, auch wenn wir frŸher Christus nach menschlichen Ma§stŠben eingeschŠtzt haben; jetzt schŠtzen wir ihn nicht mehr so ein. Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schšpfung...Ò (2 Kor 5,14-15)

Noch vieles lie§e sich Ÿber das, was der hl. Paulus Ÿber das gšttliche Herz Jesu gedacht und in seinen Briefen niedergeschrieben hat, sagen.

Mit Recht kšnnte man ein Wort des hl. Johannes Chrysostomus, der einer der besten Kenner der Paulusbriefe unter den KirchenvŠtern war, frei Ÿbersetzt so wiedergeben: ãPaulus schaute immer nur auf das Herz Jesu und fŸrchtete nur dies, aus der Liebe zu ihm herauszufallen.Ò (ãIpsum (Cor Jesu) solum respiciebat, unumque timebat, ne ex illa caritate excideretÓ)